Sonntag, 15. April 2018 | 11.00 – 14.00 Uhr
Filmforum NRW, Bischofsgartenstr. 1, 50667 Köln
Völkermorde erinnern – Kriege verhindern
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Matinee mit
➢ Israel Kaunatjike (Nachfahre der OvaHerero aus Berlin)
➢ Dogan Akhanli (Schriftsteller aus Köln)
➢ Peter Finkelgruen (Schriftsteller aus Köln)
➢ Nizaqete Bislimi (Rechtsanwältin aus Essen und Vorsitzende des BundesRomaVerband e.V.)
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Deutschland steht an einer Scheidelinie. Alte und neue Nationalisten setzen alles daran, staatskritische und antirassistische Überzeugungen zu diskreditieren. Sie wollen die „völkische“ Nation und den autoritären Staat und für beides wollen sie Gefolgschaft.
Genau aus diesem Grunde verlangen sie so hasserfüllt das Ende einer Erinnerungskultur, die sich in den letzten Jahrzehnten in vielen Ländern Europas entwickelt hat. Denn sie wissen: wer die historische Erinnerung an staatliche Gewaltverbrechen und an die genozidalen Folgen von Rassismus und Nationalismus lebendighält, bleibt wach für gegenwärtiges Unrecht und empathisch mit den Opfern.
Wir wollen diese staatskritische Erinnerungskultur verteidigen und vertiefen, wir wollen uns der Gewaltverbrechen in unserer Geschichte bewusst bleiben. Dazu gehören der Genozid des deutschen Kaiserreiches unter Wilhelm II. an OvaHerero und Nama im heutigen Namibia und die Beteiligung am Genozid an den Armeniern im osmanischen Reich. Dazu gehören die Shoah (die Ermordung der europäischen Juden) und der Genozid an den Roma und Sinti im Nationalsozialismus.
Die Kölner Initiative „Völkermord erinnern“ möchte mit dieser Matinee einen Beitrag in der aktuellen Auseinandersetzung um die Erinnerungskultur leisten. Deshalb sprechen wir vom Wert und von der Unverzichtbarkeit der Erinnerung und benennen diejenigen, die das kritische Erinnern zu behindern versuchen.
Wir zeigen *Filmausschnitte *von „Aghet“ (Eric Friedler), „Skulls of my people“ (Vincent Moloi) und „A people uncounted“ (Aaron Yeger) und hören *Redebeiträge *für das Erinnern und gegen das Verschweigen von Israel Kaunatjike (Namibia-Aktivist, zum Völkermord an OvaHerero und Nama), Dogan Akhanli (Schriftsteller, zum Völkermord an denArmeniern), Peter Finkelgruen (Schrifsteller, zur Shoah) und Nizaqete Bislimi (Vorsitzende des BundesRomaVerband e.V., zum Genozid an den Roma und Sinti).
➣ Namibia
1904 verantwortete der deutsche Kaiser Wilhelm II. mit seinem General von Trotha und 15.000 deutschen Soldaten in Deutsch-Südwest, dem heutigen Namibia, den Völkermord an OvaHerero und Nama. Die ansässige Bevölkerung wehrte sich erbittert gegen die Kolonisierung, vor allem gegen den Landraub durch die Deutschen. Die Widerständigen wurden erschossen oder verdursteten grausam in der Wüste. Hunderttausende starben, Überlebende wurden in Konzentrationslager gepfercht, in denen viele verhungerten. Bis heute gibt es von der deutschen Regierung keine offizielle Anerkennung dieses Genozids.
Wir zeigen Ausschnitte aus dem Film „Skulls of our People“ von Vincent Moloi. Israel Kaunatjike, Nachfahre der OvaHerero aus Berlin, wird vom jahrzehntelangen Kampf um Entschädigung berichten, der sich gerade in diesen Tagen zugespitzt hat.
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➣ Osmanisches Reich / Türkei
In den Jahren 1915 bis 1917 – während des 1. Weltkriegs – wurden im osmanischen Reich weit über eine Million armenischer Kinder, Frauen und Männer systematisch ermordet. Dieser Genozid an der armenischen Bevölkerung geschah auf dem Gebiet der heutigen Türkei. In der Türkei ist es verboten, dieses Menschheitsverbrechen als Genozid zu bezeichnen. In Deutschland ist nahezu unbekannt, dass Kaiser Wilhelm II. den Völkermord gebilligt hat und ihn hunderte deutscher Offiziere in der Türkei aktiv unterstützt haben.
Wir zeigen Ausschnitte aus dem Film „ Aghet“ von Eric Friedler. Dogan Akhanli, Schriftsteller aus Köln, wird auf Hintergründe und Folgen von Verleugnung und Vergessen des Völkermordes an den Armeniern eingehen.
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➣ Shoah
Selbst der Genozid an der jüdischen Bevölkerung in Europa ist in der Bundesrepublik Deutschland bis in die Mitte der 1960er Jahre für die breite Öffentlichkeit kein Thema gewesen. Diese Friedhofsstille hätten die neuen Nationalisten auch für die Zukunft gerne wieder.
Peter Finkelgruen, Schriftsteller aus Köln, wird anhand seiner persönlichen Erfahrungen berichten, wie die Täter ihre Verantwortung geleugnet haben.
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➣ Genozid an den Roma und Sinti
Mehrere hunderttausend Roma und Sinti wurden vom NS-Regime systematisch ermordet. Deutschland erkannte dieses Menschheitsverbrechens erst 30 Jahre nach Kriegsende an, seit 2012 erinnert ein Denkmal in Berlin an den Völkermord. Dennoch wird die Verfolgung der Roma und Sinti weiter fortgeführt: mit Ausgrenzungen, mit Kriminalisierungen, mit Abschiebungen.
Wir zeigen Auszüge des Films „A people uncounted“ von Aaron Yeger. Die Rechtsanwältin Nizaqete Bislimi aus Essen, Vorsitzende des BundesRomaVerband e.V., wird vom langen Schweigenüber den Genozid an den Roma und Sinti sprechen.
Das 20. Jahrhundert, in dem die Vökermorde begannen wurden, war von einer sozial-darwinistischen und rassistischen Weltsicht geprägt. Völker wurden als „kulturlos“ definiert und als minderwertig, lebensunwert, unzivilisiert hingestellt. Aus dieser kolonialen menschenverachtenden Haltung wurden die Genozide an den widerständigen OvaHerero und Nama und an der armenischen Bevölkerung begangen. Diese Genozide gelten als „Blaupause“ für die spätere Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung in Europa und der Roma und Sinti.
Diese Völkermorde – an die wir hier erinnern – waren Raubzüge und dienten der Schaffung und Festigung nationalstaatlicher Herrschaft. „Zivilisatorisch gerechtfertigte“ Kriege legten den Mantel des Schweigens um die Verbrechen. Die rassistischen, völkischen, und sozialdarwinistischen Ideologien, mit denen sie gerechtfertigt werden und die sich in ihrer sexualisierten Gewaltausprägung gezielt gegen Frauen* richten, müssen geächtet werden.
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EINTRITT FREI.
Veranstaltet von:
Initiative Völkermord Erinnern,
recherche international e.V.
FilmInitiativ Köln e.V.
Unterstützt von:
Anerkennung Jetzt,
Jugendclub Courage Köln e.V.,
KulturForum TürkeiDeutschland,
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Quelle: https://www.facebook.com/events/174637506663235/